COVID 19: Auswirkungen auf das Mietrecht

Ob und wann ein Mieter aktuell keine Miete zu zahlen hat, ist immer noch am Einzelfall zu beurteilen.

In § 1104 ABGB ist geregelt, dass in dem Fall, dass die Bestandsache wegen außerordentlicher Zufälle gänzlich unbenutzbar wird, keine Pflicht zur Zahlung des Miet- oder Pachtzinses besteht. Als Beispiele für solche außerordentlichen Zufälle werden Feuer, Krieg oder Seuche, große Überschwemmungen u.ä. genannt. Die Aufzählung in § 1104 ist lediglich beispielhaft – wesentlich ist, dass es sich um solche Zufälle handeln muss, die einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind, so dass für deren Folgen von niemandem Ersatz erwartet werden kann (OGH 12.02.1987, 7 Ob 520/87; 24.02.2002, 1 Ob 306/02k).

Außerordentliche Zufälle laut § 1104 ABGB

Seuchen sind explizit als Beispiel für derartige außerordentliche Zufälle aufgezählt. Nach der Literatur fallen unter die Bestimmung darüber hinaus aber auch hoheitliche Verfügungen, die nicht von den Vertragsparteien provoziert wurden, wie etwa die Beschlagnahme (Iro/Rassi in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB5§ 1104 Rz 2). Die Rechtsprechung zählt dazu weiters ein behördliches Verbot der Produktverarbeitung in einem gepachteten Unternehmen (Binder/Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1104 Rz 2 mwN).

Kann die Mietzinszahlung aufgrund von COVID-19 eingestellt werden?

Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass die aktuelle COVID-19-Pandemie jedenfalls insoweit unter § 1104 ABGB zu verstehen ist, als aufgrund des Ausbruchs durch Verordnung die Schließung einer Vielzahl von Geschäften bzw. Unternehmen angeordnet wurde. Es handelt sich nämlich um eine behördliche Verfügung aufgrund einer von Menschen nicht beherrschbaren außerordentlichen Situation, die dazu führt, dass das Bestandobjekt für die Dauer der behördlichen Maßnahmen nicht genutzt werden kann. Angesichts dieses Umstandes – immer abhängig vom Einzelfall – kann während der Maßnahmen die Mietzinszahlung grundsätzlich eingestellt werden bzw. sollte diese zumindest nur unter Vorbehalt erfolgen. Der Mietvertrag sollte daher jedenfalls vorab dahingehend geprüft werden.

Teilweise Benutzbarkeit und Zinsmäßigungsrecht

Zur teilweisen Benutzbarkeit regelt § 1105 ABGB, dass in diesem Fall der Mietzins entsprechend verhältnismäßig erlassen wird. Nach der Literatur gilt das (anteilige) Zinsmäßigungsrecht (analog der Rechtsprechung zu § 1096 ABGB) auch für die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben (Binder/Pesek in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1105 Rz 8). Dem hat sich auch der OGH angeschlossen (OGH 24.02.2003, 1 Ob 306/02k = RdW 2003/429). An dieser Stelle gewinnt jedoch wieder die Unterscheidung zwischen Miete und Pacht Relevanz.

Mögliche Außerkraftsetzung der Bestimmung über die Erlassung des Mietzinses

Zu berücksichtigen ist aber, dass § 1104 ABGB vertraglich abbedungen werden kann (OGH 14.06.1983, 5 Ob 662/83) – wobei es hierzu einer klarstellenden Judikatur verlangt, da ein unbegründetes Abgehen von dieser Bestimmung zu Lasten des Mieters wohl zwangsläufig zu einer Sittenwidrigkeitsprüfung führen wird. Voraussetzung für eine wirksame Überwälzung ist aber eine ausdrückliche Übernahme der Haftung des Mieters für den Untergang der Bestandsache (OGH 14.06.1983, 5 Ob 663/82 = SZ 56/92; Prader, MRG5.04 § 1104 E1).

Besteht das Mietzinsminderungsrecht bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung?

Zu der Frage, ob das Mietzinsminderungsrecht nach § 1104 ABGB auch besteht, wenn der Mieter über eine Betriebsunterbrechungsversicherung verfügt, welche den durch die Nichtbenutzbarkeit eingetretenen Schaden abdeckt, existiert bisher noch keine gesicherte höchstgerichtliche Judikatur. Vergleichbare Entscheidungen fehlen dazu. Ähnliche Entscheidungen zu anderen Themen zweifeln an der Äquivalenz der Leistung. Jedoch wird es immer auch eine bereicherungsrechtliche Komponente geben, die zu berücksichtigen ist.